Schaumburger Steuerzahler sollen Schulden des Landkreises 100 Jahre abtragen
Landkreis Schaumburg. Im Kreistag Schaumburg wurde heute der Haushaltsplan für 2018 beschlossen. Dabei hatten die Abgeordneten über nicht weniger als 27 Zuschuss- und Ergänzungsanträge zum vorgelegten Entwurf des Haushaltsplans zu entscheiden, die sich, wie auch im Vorjahr, überwiegend mit Zuschüssen für die Flüchtlingshilfe befassten. Die lässt sich der Landkreis einiges kosten. Den Großteil der Zuschüsse in Höhe von etwa 1,6 Millionen Euro erhält dabei die Arbeiterwohlfahrt (AWO) für Flüchtlingssozialarbeit.
Die Fraktionsvorsitzende der AfD, Margot Zedlitz, nahm auf eine Äußerung des Kreisdezernenten Heimann im Finanzausschuss Bezug, wonach der Landkreis etwa 40 Sozialarbeiter einstellen müsse, wenn das die AWO nicht mache. Sie fragte, ob der Landkreis denn eine Dienstleistung in einer solchen Dimension nicht ausschreiben müsse. Sie wollte wissen, ob es rechtens sei, das einfach der AWO zu übertragen, ohne andere Dienstleister in Erwägung zu ziehen oder zu prüfen, ob es nicht günstiger sei, wenn der Landkreis die erforderlichen Sozialarbeiter selbst einstelle.
Diese Nachfrage förderte Erstaunliches zutage. Nämlich nicht nur die Auffassung der Kreisverwaltung und der CDU- sowie der SPD-Fraktion, dass es sich bei diesen 1,6 Millionen „nur“ um Zuschüsse handele und diese nicht ausgeschrieben werden müssten, was ja durchaus so sein mag, aber von der AfD-Fraktion noch rechtlich geprüft werden wird. Sondern vor allem, dass diese 1,6 Millionen Euro keine Pflichtleistung seien, die der Landkreis erbringen muss, sondern ganz freiwillige Leistungen, die von anderen Landkreisen so nicht erbracht würden.
Aha, der Landkreis Schaumburg gibt also jährlich 1,6 Millionen Euro freiwillig für die Flüchtlingshilfe aus, die er nicht ausgeben müsste und die von anderen Landkreisen auch nicht ausgegeben werden. Das ist nun mal wirklich interessant. Freiwillig und zusätzlich zu den etwa 40 Millionen Euro, die er in Form von Leistungen für Flüchtlinge ausgibt, die von Bund oder Land erstattet werden. Was, wenn man der Meinung des einen oder anderen Dezernenten oder Kreistagsabgeordneten folgen würde, den Landkreis ja „nichts“ kostet. Meine Güte! Den Landkreis nicht, aber der Steuerzahler im Landkreis muss es doch trotzdem bezahlen. Und die Steuerzahler im Landkreis sind nicht die Flüchtlinge.
In der auf die Nachfrage von Frau Zedlitz entbrannten Debatte wurde die AfD von SPD, CDU und der Gruppe WIR/Die Linke scharf wegen ihrer vorgeblichen Einstellung zu Flüchtlingen und dafür kritisiert, dass sie diese Zuschuss-Anträge für die AWO nicht mitgetragen habe. Nein, hat sie nicht und habe ich zum großen Teil auch nicht. Denn das ist genau das, was unsere Wähler zu Recht von uns erwarten. Im Folgenden wird das noch einmal deutlich werden.
Der Landrat und einige Kreistagsabgeordnete wiesen zufrieden darauf hin, dass der Landkreis in diesem Haushaltsplan einen Überschuss von 1,8 Millionen Euro ausweist. Es wurde aber auch darauf hingewiesen, dass dieser Überschuss nur deshalb möglich sei, weil die Defizite durch das Klinikum Schaumburg im Höhe von 5 bis 6 Millionen Euro im Jahr nun wegfielen. Der Fraktionsvorsitzende der WGS-Fraktion, Siegbert Held, führte schließlich aus, dass der Landkreis einen Schuldenstand von 200 Millionen Euro habe und auch in diesem Haushaltsjahr eine zusätzliche Neuverschuldung von 4 Millionen Euro eingeplant habe. Dies müsse sich ändern, denn bei in den nächsten Jahren gleichbleibendem Überschuss von 1,8 Millionen würde es 100 Jahre oder 5 Generationen unserer Nachkommen dauern, bis diese Schulden einmal abgetragen seien. Da hat er Recht. Es wären sogar 111 Jahre, wenn man es zinsneutral rechnet. Warum also fangen wir nicht einmal mit dem Sparen an? Da, wo die Ausgaben zu finden sind, die freiwillig erbracht werden. Denn nur da geht es. Streichen wir also ab dem nächsten Jahr die freiwilligen Leistungen für die Flüchtlingshilfe und schon sind es 3,4 Millionen Überschuss, mit denen man die 200 Millionen Schulden in „nur“ 59 Jahren abtragen könnte. Es ist ja nicht so, dass dann kein Geld für Flüchtlinge mehr da wäre. Nur eben kein freiwilliges. Wer angesichts der immensen Pflichtausgaben in diesem Bereich meint, das sei nicht humanitär, der soll meinetwegen ausziehen und die Welt retten, und zwar auf eigene Kosten. Oder er soll Spenden einsammeln bei denen, die das unterstützen möchten. Freiwillig! Aber er soll nicht Steuergelder zweckentfremden.
Insgesamt schüttet der Landkreis sogar 2,8 Millionen Euro an freiwilligen Leistungen für verschiedene Antragsteller großzügig aus, so als habe er einen Dukatenesel in seinem Besitz und als gäbe es keinen Schuldenstand. Angefangen bei der bereits genannten AWO, über den Kinderschutzbund, das Mädchen- und Frauenberatungszentrum BASTA und das diakonische Werk bis hin zu den Schaumburger Märchensängern und weiteren Fördertöpfen für Geflüchtete. Offenbar ist dies seit Jahren so gängige Praxis, da die Liste freiwilliger Zuschüsse im vergangenen Jahr eine ähnliche Größenordnung hatte. Vernünftig wäre es, die gesamte Liste freiwilliger Zuschüsse auf den Prüfstand zu stellen und einen Großteil der freiwilligen Leistungen ersatzlos zu streichen, bis der Schuldenstand in Höhe von 200 Millionen abgebaut ist. Andere Landkreise, wie zum Beispiel der Landkreis Leer, können das auch. Dort hat man sich bei einem Schuldenstand von „nur“ 127 Millionen Euro dazu entschieden, mit Nachdruck Schuldenabbau zu betreiben. Auf freiwillige Leistungen und Zuschüsse jeglicher Art wird weitgehend verzichtet. Daran sollte sich der Landkreis Schaumburg ein Beispiel nehmen und er wäre seine 200 Millionen Schulden in 40 Jahren los. Aber nur bei gleichbleibend guter Konjunkturlage im Kreisgebiet.