Von Dr. Jens Wilharm
Die Alternative Mitte Niedersachsen hat heute eine unter den Sprechern abgestimmte Pressemitteilung zum geplanten Parteiaustritt von Frauke Petry veröffentlicht. Als einer der Sprecher der AM Niedersachsen stehe ich in vollem Umfang hinter dieser Erklärung und möchte diese um eine persönliche Erklärung ergänzen.
Ich wende mich seit über einem Jahr gegen ein undifferenziertes Verhalten einzelner Mitglieder und Funktionäre gegenüber dem rechten Rand. Manchen Mitgliedern mag der Weitblick fehlen, die Gefahr zu erkennen. Aber von Funktionären, erst recht von Spitzenfunktionären, muss man erwarten können, dass sie erkennen, wo eine rote Linie zu ziehen ist.
Ich stehe in vollem Umfang hinter dem Grundsatzprogramm der AfD, dass die Mitglieder gemeinsam 2016 in Stuttgart beschlossen haben. Ich habe den Entstehungsprozess dieses Programms selbst mit begleitet. Als Landesprogrammkoordinator, als Vorsitzender eines Landesfachausschusses, als stellvertretender Vorsitzender eines Bundesfachausschusses und mitunter auch in der Bundesprogrammkommission.
Das, was wir da gemacht haben, ist gut. Unsere wichtigsten Inhalte findet man in keiner anderen Partei, auch wenn einige andere Parteien, allen voran die FDP, das eine oder andere AfD-Thema neu für sich entdeckt haben. Was wenig glaubwürdig erscheint.
Ich bin davon überzeugt, dass die AfD bürgerlich-konservative Wähler ansprechen und auch zu Stammwählern machen muss. Wähler, die sich durch Töne vom rechten Rand nicht vertreten fühlen. So wie ich auch nicht.
Die Wahlanalysen zur Bundestagswahl haben eines gezeigt. 86 Prozent der Wähler! sind der Meinung, die AfD distanziere sich nicht ausreichend von rechtsextremen Positionen. Ist das nicht deutlich genug? Was könnte die AfD in Deutschland für Wahlerfolge erzielen und in Deutschland bewegen, wenn sie dieses Problem nicht hätte.
In den vergangenen Monaten, ganz besonders im Wahlkampf und auch jetzt noch, wo der Wahlkampf zumindest im Bund vorbei ist, war und ist die mediale Wahrnehmung von der AfD durch völlig unnötige, teilweise unsägliche, Ausfälle geprägt, die jeder normale Bürger völlig zu recht mit Rassismus und Nationalismus in Verbindung bringt. Es sind nur einzelne Funktionäre, Mandatsträger oder Mitglieder, die sich einfach nicht im Zaum halten können. Aber es ist jedes Mal genau das, was das Bild der AfD in der Öffentlichkeit prägt.
Das ist nicht die AfD. Das ist nicht die Mehrheit in der AfD. Wenn ich das glauben würde, wäre ich längst ausgetreten. Ich bin Patriot, kein Nationalist. Das ist ein Unterschied, den nicht jeder zu begreifen scheint.
Um die Deutungshoheit über die Partei wieder dahin zu bringen, wo sie hingehört, nämlich weg von den Nationalisten und Gratwanderern hin zu einer bürgerlich-konservativen Mitte, hat sich in der AfD die Alternative Mitte gegründet.
Es ist völlig normal, dass eine Bewegung, eine Strömung in der Partei, sich Spitzenfunktionäre sucht, von denen sie glaubt, dass sie ihre Interessen am ehesten und am glaubwürdigsten vertreten können. Für den Flügel sind das zum Beispiel Björn Höcke und André Poggenburg. Für die AM war das bis gestern klar Frauke Petry. Ich hatte auch den Zukunftsantrag unterzeichnet, den sie zum Bundesparteitag im April 2017 gestellt hatte.
Die AM hat jedoch von Anfang an klar gemacht, dass sie ihre primäre Aufgabe darin sieht, die Einheit der Partei zu erhalten und die mediale Wahrnehmung zu ändern. Wozu es gehört, den lauten Stimmen von Seiten einzelner Mitglieder vernünftige und maßvolle Stimmen entgegenzusetzen. Zum Wohle der gesamten Partei. Der Parteiaustritt bedeutet, das aufzugeben und er bedeutet auch, die einzige Chance, die dieses Land vermutlich noch hat, aufzugeben.
Ich möchte nicht darum herumreden. Die AM hat mit Frauke Petry ihre Leitfigur verloren, auf die viele mit großer Hoffnung geschaut haben. Ich bedaure das persönlich sehr. Mir fehlen zum jetzigen Zeitpunkt Informationen, um diesen Schritt abschließend beurteilen zu können.
Die AM wird sich dadurch nicht von ihrem Kurs abbringen lassen. Sie will ihren Beitrag zu einer konstruktiven Zusammenarbeit leisten und sie wird auch nicht müde werden, sich klar gegen extreme Tendenzen jeglicher Art zur Wehr zu setzen.
Ich nehme mit Hoffnung zur Kenntnis, dass Jörg Meuthen, Alexander Gauland und Alice Weidel haben erkennen lassen, dass sie sich des Ernstes der Lage bewusst sind und den Wählerauftrag annehmen wollen.
Wenig hilfreich sind in der aktuellen Lage hingegen Töne, wie sie die Herren Tillschneider oder Poggenburg bereits jetzt äußern. Sie rufen im Grunde zu einer Hexenjagd auf kritische Mitglieder auf. Das ist unerträglich und es ist im Sinne der Gesamtpartei auch nicht klug.
Ohne genaue Kenntnis der Hintergründe, und das trifft auf mich auch zu, mag man den Schritt von Frauke Petry im Moment verurteilen. Unzweifelhaft ist aber, dass die Ausrichtung der Partei hierbei eine Rolle spielte.
Sollte das Geschehene den Poggenburgs, Höckes und ihren Anhängern nicht endlich eine letzte Warnung sein, dass ihr rechtes Getöse die gemäßigten Mitglieder aus der Partei treibt und sollten sie das gar wohlwollend zur Kenntnis nehmen oder hierbei noch ein wenig nachzuhelfen versuchen, dann wird das Ergebnis für die Partei fatal sein. Diejenigen, die jetzt, nach dem Petry-Austritt, noch zögern, werden dann gehen. Wohin, ist eine andere Frage. Ich persönlich würde vermutlich mein politisches Engagement weitestgehend beenden und es als Lebenserfahrung verbuchen. Der eine oder andere mag dann darüber jubeln. Das spielt dann auch keine Rolle mehr.
Solange ich es kann, werde ich jedoch weiter kämpfen. Für ein Deutschland, in dem wir bald wieder gut und gerne leben. Und ich werde das in der AfD tun. Solange man mich lässt und solange ich nicht vor einer lauten Minderheit kapitulieren muss.
Unser nächster Meilenstein ist der Einzug in den niedersächsischen Landtag. Es werden gute Kandidaten in den Landtag einziehen, die in Hannover Politik für uns Bürger machen werden. Konservativ, bürgerlich und patriotisch. Nicht nationalistisch und auch nicht rassistisch. Ich wünsche der AfD auch in Niedersachsen ein zweistelliges Ergebnis.