Arbeitnehmer müssen sich ihre Gewerkschaften endlich zurückholen

von Dr. Jens Wilharm

Morgen ist der 1. Mai 2017. Das ist traditionell der Tag der Arbeit und es  gehört dazu, dass die Gewerkschaften diesen Maifeiertag begehen. Es besteht genügend Anlass, einmal zu hinterfragen, ob die Gewerkschaften ihren Aufgaben überhaupt noch gerecht werden. Zweifel sind da durchaus angebracht.

Gewerkschaften sind dazu da, um die Interessen der Arbeitnehmer gegenüber Arbeitgebern, Arbeitgeberverbänden und der Politik bestmöglich zu vertreten. Und zwar ganz unabhängig von Präferenzen für bestimmte politische Parteien. Gewerkschaften sind Organisationen, die von unten nach oben funktionieren müssen. Die organisiert und geführt werden von Arbeitnehmern für Arbeitnehmer. Sie müssen die Interessen der Arbeitnehmer gleichermaßen berücksichtigen, und zwar die Interessen aller Arbeitnehmer. Nicht die Interessen von Arbeitnehmern, die politisch der vermeintlich richtigen Partei nahestehen, besser als die von Arbeitnehmern, die sich eher von einer anderen Partei besser vertreten sehen. Und schon gar nicht Arbeitnehmer, die der falschen Partei angehören, ausgrenzen und diskriminieren.

Arbeits- und Sozialpolitik ist in allen Parteien ein wichtiges Thema. Klassische Arbeitnehmer- oder Arbeitgeberparteien gibt es in Deutschland schon lange nicht mehr. Arbeitnehmer sind Wähler, und zwar mit Abstand die meisten. Jede Partei muss auch von Arbeitnehmern gewählt werden, um existieren zu können. Keine Partei könnte nur von den Stimmern der Arbeitgeber leben. Ohne Arbeitnehmer können weder ein Staat noch Unternehmen existieren. Sie sind das Fundament. Wenn das nicht in Ordnung ist, stürzt ein Gebäude über kurz oder lang ein. Es sollte daher im ganz natürlichen Interesse einer jeden Partei liegen, sich um Arbeitnehmerinteressen zu kümmern und diese auch glaubhaft zu vertreten. Das geht nur, wenn die Arbeitnehmer auch gehört werden. Gewerkschaften sind dazu da, den Arbeitnehmern Gehör zu verschaffen und für sie zu arbeiten, nicht gegen sie.

Leider sind die Gewerkschaften in Deutschland von ihren Funktionären pervertiert worden. Für politische Machtinteressen bestimmter Parteien und ganz persönliche Eigeninteressen der Funktionäre. Denn wie es so schön heißt, wäscht ja eine Hand die andere.

Anstatt sich auf die originären Aufgaben ihrer Gewerkschaften zu konzentrieren, wie etwa sich um das Niveau von Löhnen und Renten zu kümmern, und von unten nach oben zu arbeiten, hat man sich zum ausführenden Organ der herrschenden politischen Klasse machen lassen.

Ich habe kürzlich im Urlaub ein ausgedientes sowjetisches U-Boot besichtigt. Darin gab es eine Kabine für den Polit-Offizier. Treffender könnte es nicht sein. Gewerkschafts-Funktionäre machen heute in Deutschland genau das, was Polit-Offiziere auf sowjetischen U-Booten oder Parteifunktionäre in volkseigenen Betrieben der ehemaligen DDR auch gemacht haben. Sie arbeiten von oben nach unten und sehen ihre Aufgabe darin, die Arbeitnehmer politisch auf die richtige Linie zu bringen. Wie in Sozialismus und Kommunismus sind sie Teil der Machtbasis linker Parteien. Und damit ist es nicht genug. Arbeitnehmer werden im Deutschland des Jahres 2017 auch von Gewerkschaftsfunktionären bespitzelt und notfalls umerzogen. Wenn das nicht geklappt hat, wird selbst der Verlust des Arbeitsplatzes als letzte Maßnahme unterstützt. Wie Gewerkschaften dabei vorgehen, können Sie sich am Beispiel von ver.di anschauen. Diese Gewerkschaft hat extra eine Handlungshilfe herausgebracht, in der gesagt wird, wie man mit politisch „falsch“ denkenden Kollegen und Kolleginnen umzugehen hat.

Arbeitnehmer werden dahingehend bespitzelt und auch dazu aufgerufen, sich gegenseitig dahingehend zu bespitzeln, welche politischen Präferenzen sie haben könnten. Sollten sie durch Äußerungen am Arbeitsplatz Sympathien für Gedanken erkennen lassen, die derzeit von der falschen Partei vertreten werden, geraten der liebe Kollege oder die liebe Kollegin in die Mühlen der gewerkschaftseigenen Inquisition. Da mag zunächst ein freundlicher, aber bestimmter Hinweis genügen. Wenn der liebe Kollege oder die liebe Kollegin dann aber nicht ihren schädlichen Gedanken abschwören, droht ihnen unter Umständen Schlimmeres.

Im Interesse der Arbeitnehmer kann es nicht sein, wenn Gewerkschaftsfunktionäre ihre eigentliche Aufgabe vernachlässigen, sie politisch erziehen wollen und der Funktionärsposten immer mehr zu einem gut bezahlten Selbstzweck wird. Darum wird es Zeit, dass sich die Arbeitnehmer ihre Gewerkschaften zurückholen und sie auf das stoßen, wozu sie eigentlich da sind. Arbeitnehmer-Interessen zu vertreten. Dazu gehört es, die Meinungsfreiheit aller Arbeitnehmer zu respektieren und zu schützen. Und dazu gehört es vor allem, mit allen politischen Parteien zusammenarbeiten zu wollen und auch in deren politischen Gremien und Ausschüssen Arbeitnehmerinteressen Gehör zu verschaffen. Bis hinein in deren Partei- und Wahlprogramme.

Die Alternative für Deutschland (AfD) ist eine demokratische Partei, die ein ausgeprägtes Interesse daran hat, die Interessen aller Bürger, auch und gerade der Arbeitnehmer, zu vertreten. Gewerkschaften sollten mit ihr zusammenarbeiten, wie mit jeder in den Parlamenten vertretenen Partei. Tun sie es nicht, verraten sie die Interessen vieler Mitglieder. Die sollten ihre Funktionäre daran erinnern, dass sie Arbeitnehmer-Interessen gegenüber der Politik zu vertreten haben und nicht die Interessen der Politik gegenüber den Arbeitnehmern. Dazu mag eine Reform der Gewerkschafts-Organisation in der Weise notwendig sein, dass Funktionäre die Bodenhaftung nicht verlieren können und der Politik am Ende näher stehen als den Mitgliedern. Etwa durch Begrenzung der möglichen Amtszeiten.

Ich verkenne nicht die historische Entwicklung der Gewerkschaften. Natürlich sind sie ursprünglich politisch links stehende Organisationen und stehen in Deutschland traditionell der SPD nahe. Jedoch hat sich das politische Spektrum in Deutschland seit vielen Jahren völlig verändert. Zeitgemäß ist das nicht mehr. Eine moderne Gewerkschaft muss zur Zusammenarbeit mit jeder Partei willens und in der Lage sein. Es kann nicht sein, dass Funktionäre regelmäßig von bunter Vielfalt schwadronieren, aber sich dann doch höchst einfarbig geben, wenn es um die politische Vielfalt im Lande geht.

Gewerkschaftsfunktionäre, die sogar hergehen und ihre Mitglieder zur Demonstration gegen demokratische Parteien aufrufen, wie kürzlich gegen den AfD-Parteitag in Köln im April 2017, haben ihre Aufgabe völlig verfehlt.

Die Mitgliedszahlen der im DGB organisierten Gewerkschaften sind seit 2001 kontinuierlich rückläufig. Der DGB hat seit 2001 in jedem Jahr tausende Mitglieder verloren, insgesamt fast 2 Millionen (1.851.506). Dies entspricht einem Viertel der Mitglieder in 16 Jahren. Es ist wohl Zeit für ein Umdenken.

Auffällig sind die Parallelen zu anderen Nichtregierungsorganisationen, die ebenfalls politisch missbraucht werden. Dazu gehören die großen Kirchen und die Wohlfahrtsverbände.

AfD-Bundesparteitag in Köln: Weichen stellen für die Zukunft unseres Landes

Köln. Im Kölner Maritim-Hotel findet am vor uns liegenden Wochenende ein AfD-Bundesparteitag statt, der ohne Zweifel in die politische Geschichte der Bundesrepublik Deutschland eingehen wird. Geplant als Programmparteitag, auf dem das Wahlprogramm der AfD für die Bundestagswahl 2017 beschlossen werden soll, werden die etwa 600 Delegierten nun über sehr viel mehr entscheiden. Nämlich über die Zukunft der Partei und damit auch über die Zukunft unseres Landes.

Erkannt haben das auch die etablierten Parteien, die Gewerkschaften, die Medien und die, die unser Land abschaffen wollen. Historisch für Parteitage demokratischer Parteien in Deutschland ist dieser Parteitag nämlich schon jetzt aufgrund dieser Superlative:

  • 50.000 Demonstranten haben sich angesagt, um gegen den Parteitag der AfD zu demonstrieren. Darunter mutmaßlich gewaltbereite Linksextremisten. Das versetzt die Stadt Köln für mehrere Tage in einen Ausnahmezustand bisher nicht gekannten Ausmaßes. Der größte Polizeieinsatz der letzten Jahre soll hier für Sicherheit sorgen. Ob die 4.000 Polizisten die Lage unter Kontrolle behalten werden, kann niemand voraussagen. Von Donnerstag bis Montag wurde um die gesamte Innenstadt eine Flugverbotszone mit einem Radius von 1,8 Kilometern gezogen. Der Verkehr, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs, kommt in der Innenstadt praktisch vollständig zum Erliegen. Bauwerke mit Glaselementen, wie U-Bahn-Stationen, werden mit Holzplatten verrammelt. Köln hat Angst. Sicher nicht vor den paar Delegierten der AfD, sondern vor den Demonstranten.
  • 1.000 Journalisten wollten sich für den Parteitag akkreditieren. Fast 2 Journalisten pro Delegiertem. Am Ende konnten 300 Journalisten zugelassen werden.

Wie soll die künftige strategische Ausrichtung der Partei sein? Wird die Partei sich auf einen klaren und für jedermann nachvollziehbaren Kurs einigen können? Welches Gesicht oder welche Gesichter sollen die Partei in den kommenden Monaten bis zur Bundestagswahl öffentlich vertreten? Werden diese Entscheidungen so sein, dass die Partei anschließend das Zeug hat, für eine bürgerliche Wählerschaft die erste Wahl zu sein?

Die Verabschiedung des Wahlprogramms für die Bundestagswahl tritt hier inzwischen fast in den Hintergrund. Und so wies auch der Flügel um den umstrittenen Thüringer Landesvorsitzenden Björn Höcke seine Unterstützer darauf hin, dass auf dem Bundesparteitag in Köln zweifellos die Wahl des Spitzenteams zur Bundestagswahl sowie die Anträge zur Ergänzung des Grundsatzprogramms und zur strategischen Ausrichtung der AfD im Vordergrund stünden. Das Grundsatzprogramm ist nicht das Wahlprogramm. Hier will man offenbar Korrekturen am Parteiprogramm vornehmen, das die AfD im letzten Jahr in Stuttgart mit großer Mehrheit beschlossen hat. Auf einem Mitgliederparteitag.

Kein Wort vom eigentlich geplanten Zweck des Parteitages. In Anbetracht der Bedeutung, die dieser Parteitag mittlerweile erlangt hat, ist fraglich, ob es überhaupt noch angemessen ist, diesen für die AfD wichtigsten Parteitag seit Essen und möglicherweise sogar wichtigsten Parteitag ihrer Geschichte, als Delegiertenparteitag abzuhalten. Möglicherweise wäre die beste und weiseste Entscheidung dieses Parteitages, einfach das zu machen, wozu er dereinst einberufen wurde. Das Wahlprogramm für die Bundestagswahl zu beschließen, ansonsten nichts Wesentliches zu entscheiden und innerhalb der kürzest möglichen Ladungsfrist, nach den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein, einen Mitgliederparteitag zur Klärung der wichtigen Fragen einzuberufen. Nämlich der Zukunftsstrategie und Wahl der Gesichter, die die AfD künftig vertreten sollen.

Wo auch immer diese Fragen nun geklärt werden, ob auf einem späteren Mitgliederparteitag oder in Köln, die Antworten werden über die Zukunft der AfD und die Zukunft unseres Landes entscheiden. Sie müssen zeitnah beantwortet werden.

Dass unser Land die Alternative zu den Regierungsparteien und den übrigen etablierten Parteien bitter nötig hat, heute mehr als vor 4 Jahren, steht außer Frage. Ich möchte es an wenigen Beispielen aufzeigen.

Das Rentenniveau ist in Deutschland auf einem Tiefpunkt angelangt. Deutsche Rentner erhalten heute im Durchschnitt 800 Euro weniger Rente als Rentner in Österreich.

Deutschland hat sich seit der rot-grünen Regierung unter Gerhard Schröder und Joschka Fischer immer mehr zu einem Niedriglohnland entwickelt, in dem zusätzlich die Steuer- und Abgabenlast an der Spitze der OECD-Staaten liegt, auf Platz 2, gleich nach Belgien. Angestellte mit Durchschnittsgehalt zahlen in Deutschland heute bis zu 49,4 Prozent ihres  Bruttoeinkommens an Abgaben.

Anstatt die Steuermilliarden im Land und für den Bürger einzusetzen, werden sie zur Rettung des Euro ins Ausland verbracht und in astronomischer Höhe für die Aufnahme und Integration von Migranten ausgegeben.

Deutsche Steuerzahler stehen mit den Taget-2-Salden in Höhe von hunderten Milliarden Euro für die Exportüberschüsse deutscher Unternehmen gerade. Sie selbst erhalten allerdings für ihr Erspartes keine Zinsen mehr und auch Negativzinsen gibt es bereits. Das Bargeld will man ihnen auch noch nehmen.

Auch die Kosten für eine aberwitzige Energiewende müssen die Bürger zahlen, weshalb der Strom in Deutschland doppelt so teuer wie in Frankreich ist.

Der Bürger ist immer wieder der Dumme. Er wird geschröpft, wo immer es nur geht. Man nimmt ihm seine Rente, man nimmt ihm die Zinsen für sein Erspartes, man rettet den Euro auf seine Kosten, man lässt ihn für die Überschüsse der Unternehmen haften, man holt auf seine Kosten Millionen von Flüchtlingen ins Land und man zwingt ihn, sich mit einer damit einhergehenden Gefährdung der eigenen Sicherheit abzufinden, die es in dieser Form vor 2015 nicht gab.

Das ist doch keine Politik für den Bürger. Das haben unsere Regierung und die Konsensparteien zu verantworten. Soll man ihnen dafür noch gratulieren und ein weiteres Mal das Vertrauen schenken? Nein, die Bürger warten doch händeringend auf eine Partei, die den Willen hat, das alles zu ändern. Sie wollen die Alternative, denn das Potential der AfD lag einmal bei 30 Prozent und mehr. Aber sie wollen nicht die AfD der schrillen Töne und der Geschichtsrevisionisten. Sie wollen keine Partei, die völkisch-nationales Gedankengut auf ihrer Agenda zu haben scheint.

Die Delegierten in Köln haben es in der Hand, über das Schicksal der AfD zu entscheiden. Frauke Petry hat sich zurückgenommen und erklärt, sie werde nicht als Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl zur Verfügung stehen. Weder allein noch in einem Team. Das mag man jetzt begrüßen oder bedauern. Ich persönlich bedaure es, aber dieser Schritt befreit den Zukunftsantrag, den Frauke Petry gestellt hat und der bundesweit viele Unterstützer gefunden hat, von der persönlichen Note. Dieser Antrag ist extrem wichtig für die Partei. Wichtiger als eine Person. Jeder der Unterstützer hätte ihn selbst stellen können. Frauke Petry hat diesen Antrag nun in den Vordergrund des Parteitages gestellt. Es kann jeder für diesen Antrag stimmen, auch wenn er seine Stimme nicht Frauke Petry geben möchte. Ich finde das richtig und hoffe, die Delegierten werden diese Chance erkennen und wahrnehmen.

Wenn dieser Antrag durchkommt oder meinetwegen auch als Resolution verabschiedet wird, zeigt die Partei damit, dass sie bereit ist, die Zukunft unseres Landes zu gestalten. Die Klärung der Personalfrage ist dann zweitrangig. Ich halte junge, dynamische Kräfte, die auch mit ihrer Person für die Zukunft stehen und die vielleicht nicht im Zentrum all der Streitigkeiten vergangener Wochen und Monate standen, für eine gute Wahl. Das können etwa eine Alice Weidel und/oder ein Leif Erik Holm sein, der auch direkter Gegenkandidat von Angela Merkel in ihrem Wahlkreis ist. Beide sind jung, dynamisch und medial unverbrannt. Ich glaube, dass sie das können. Die Neugier der Medien auf diese beiden Zugpferde wäre immens. Das würde der Aufmerksamkeit noch einmal einen gehörigen Schub geben.

Mit der richtigen strategischen Ausrichtung und vielleicht auch solchen frischen, sympathischen Personen sollte es der AfD gelingen, ihr Potential bis zur Bundestagswahl wieder erheblich zu erhöhen. Es sollte ihr dann auch gelingen, das Image einer rückwärtsgewandten Partei loszuwerden, die im Verdacht steht, sich eine wie auch immer geartete Vergangenheit zurückholen zu wollen. Und es zu ersetzen durch das Image einer modernen Partei, die die oben skizzierten wirklichen Probleme unseres Landes angehen und lösen will.

Wenn sich aber diejenigen durchsetzen sollten, die eine Fundamentalopposition wollen und für die eine Rückbesinnung auf nationale und patriotische Werte nicht nur wichtig ist, sondern vor allem anderen im Vordergrund steht, wird sich die Partei spalten oder zumindest werden sich viele Mitglieder nicht mehr in der Lage sehen, in der Partei zu verbleiben. Ein Ausweg mag dann vielleicht noch sein, die AfD in eine Ost-AfD und eine West-AfD aufzuteilen, wobei beide, ähnlich wie CDU und CSU, nicht im gleichen Bundesland gegeneinander antreten. Vor der Bundestagswahl dürfte das nicht mehr möglich sein. Aber man könnte mit einer solchen Willensbekundung, und zwar im völlig positiven Sinne, in den Wahlkampf gehen. Dieses Gedankenspiel, mehr ist es nicht, soll nicht Ost-West-Ressentiments bedienen, sondern es berücksichtigt einfach die Tatsache, dass sich das Wahlverhalten der Bürger in den alten und neuen Bundesländern wesentlich unterscheidet. Man erkennt das schon daran, dass die Linke im Osten immer noch ganz andere Zustimmungswerte hat als im Westen. Es mag auch eine Rolle spielen, dass in den neuen Bundesländern nur durchschnittlich 27 Prozent der Bürger einer christlichen Kirche angehören. In den alten Bundesländern sind es 70 Prozent. Eine stark national-konservativ ausgerichtete Ost-AfD mag es im Osten schaffen, 25 Prozent der Wähler abzuholen. Im Westen dürfte das Gegenteil der Fall sein. Ergebnisse im zweistelligen Bereich dürften mit einer Strategie, die im Osten sehr erfolgreich sein kann, im Westen kaum möglich sein. Im Westen wohnen aber mit Abstand die meisten Wähler und das ist im Hinblick auf die Bundestagswahl entscheidend. Die Frage ist also, wie man es schafft, kein oder möglichst wenig Potential zu verschenken. Entweder einigt man sich hier auf eine realpolitische Strategie, die zumindest im Westen die benötigten Erfolge verspricht. Oder man vollzieht tatsächlich eine Trennung, ohne sich wirklich zu trennen, wenn es darum geht, die Regierungs- und Konsensparteien ablösen zu wollen.

Ich möchte den Zukunftsantrag in seiner jetzigen, ursprünglichen Form und die dazu gehörende Erläuterung der realpolitischen Strategie hier noch einmal einstellen:

Antrag:

„Die AfD entscheidet sich für den realpolitischen Weg einer bürgerlichen Volkspartei, um innerhalb der kommenden Jahre grundsätzlich in der Lage zu sein, relative Mehrheiten auf allen politischen Ebenen erzielen zu können und damit als stärkster oder mindestens gleichrangiger politischer Partner in Parlamenten richtungsweisende Politik umsetzen zu können.“

Realpolitische Strategie:

„Die AfD wurde gegründet, weil die Hoffnungen in die etablierten Parteien nicht mehr vorhanden waren. Nur die inhaltliche und personelle Neuausrichtung deutscher Politik durch die AfD kann dies in der notwendigen Klarheit in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit leisten.“

  • Der Kernpunkt dieser Strategie zielt auf die emotional heimatlosen und immer noch konservativen Wähler, gerade der CDU, aber auch die anderer Parteien.
  • Wichtigstes Element ist eine klare Programmatik mit den in unserem Grundsatzprogramm bereits angelegten Alleinstellungsmerkmalen.
  • Ziel ist es, ab der zweiten Legislaturperiode relative Mehrheiten in den Parlamenten zu realisieren.
  • Dabei legt man es auf die Entkernung und Schwächung von CDU, FDP sowie anderer Parteien an. Es gilt, neben breiten Bevölkerungschichten auch Intellektuelle und leistungsstarke Stützen der Gesellschaft für die AfD zu begeistern und dem politischen Gegner so die inhaltliche und personelle Erneuerung noch schwieriger zu gestalten, als ihnen dies durch ihren bisherigen Werdegang ohnehin fallen sollte.
  • Veränderung kann in absehbarer Zeit nicht durch andere wiedererstarkte Parteien erwartet werden. Die AfD sollte daher perspektivisch Bereitschaft zur Koalitionsfähigkeit besitzen. Voraussetzung hierzu sind aber zunächst entsprechende parlamentarische Erfahrung über mindestens eine Legislatur im entsprechenden Parlament und eine Koalition, in welche die AfD als Seniorpartner geht.
  • Diese Strategie ist komplexer, stellt höhere Anforderungen an Programm und Personal, könnte aber in kürzerer Zeitspanne zum Erfolg führen. Parteien wie beispielsweise die FPÖ im europäischen Ausland stünden zudem als Anschauungsobjekt zur Verfügung. Die AfD müsste nicht jeden der Fehler wiederholen, die europäische Vorbilder schon erkannt und korrigiert haben und könnte deren Weg in kürzerer Zeit hinter sich bringen.

Ich wünsche allen Delegierten die Weisheit und Vernunft, unsere Partei auf den richtigen Kurs zu bringen. (jw)

Ungerecht, unvernünftig und diskriminierend: Die PKW-Maut kommt 2019

Berlin. Heute ist der 1. April 2017, aber dies ist wohl kein Aprilscherz. Nun hat es Horst Seehofer (CSU) geschafft. Eine Mehrheit im Bundesrat hat gestern den Weg für die PKW-Maut in Deutschland  freigemacht. Man kann das ganze Konstrukt nur als Gipfel der Unvernunft bezeichnen. Es ist zudem ungerecht, für Deutsche diskriminierend und öffnet der totalen Überwachung aller Bürger Tür und Tor.

Ab 2019 sollen deutsche Autobesitzer für jedes gewöhnliche Auto Maut zahlen, und zwar ausdrücklich für die Nutzung des 13.000 Kilometer langen Autobahnnetzes UND die Nutzung des 39.000 Kilometer langen Netzes der Bundesstraßen. Ausländer sollen hingegen NUR für die Nutzung der Autobahnen zahlen.

Möglicherweise will man damit ja begründen, warum auch Bürger, die keine Autobahnen nutzen, die Maut in voller Höhe zahlen sollen. Kaum jemandem dürfte es gelingen, über Land von A nach B zu fahren, ohne hier und da über eine Bundesstraße zu fahren. Das kann man aber ja wohl in Zeiten, in denen jeder über ein Navigationssystem verfügt, das die Planung einer Route ohne Autobahnen ermöglicht, nicht als Begründung gelten lassen. Selbstverständlich könnte auch jeder Ausländer die Autobahnen ausschließen und nur über Land fahren. Und hier soll er dann also nicht zahlen, Deutsche aber schon? Also bitte, das ist Diskriminierung pur. Diskriminierung der eigenen Bürger. Die das gesamte Straßennetz, einschließlich der Bundesstraßen und Autobahnen, längst durch Steuern bezahlt haben.

Wie man es vielleicht nicht anders erwarten kann, wenn deutsche Bürokraten etwas planen, wird die Preisgestaltung hochkomplex und für einen normal denkenden Menschen schwer durchschaubar sein. Da muss man sich schon mal am Kopf kratzen. Denn man bezahlt nicht etwa einen fixen Preis, sondern es musste da noch der Umweltaspekt berücksichtigt werden. Daher soll der Jahrespreis, der Deutschen jährlich vom Konto abgebucht wird, je nach Größe und Umweltfreundlichkeit des Motors,  zwischen 67 Euro und 130 Euro liegen. Im Gegenzug soll eine Entlastung bei der KFZ-Steuer erfolgen. Für Ausländer, die sich auch für diese Jahresgebühr entscheiden können, gibt es Kurzzeit-Tarife. Jetzt kommt es. Die Zehn-Tages-Maut soll, je nach Motorgröße und Umweltfreundlichkeit, 2,50 Euro, 4 Euro, 8 Euro, 14 Euro, 20 Euro oder 25 Euro kosten. Und dann soll es noch eine Zwei-Monats-Maut geben zum Preis von 7, 11, 18, 30, 40 oder 50 Euro. Je nach Motorgröße und Umweltfreundlichkeit. Wem, außer irgendwelchen Hardcore-Umweltschützern ohne jeden Realitätsbezug, soll das denn bitte noch als vernünftig vermittelt werden? Wollen wir jetzt ganz Europa zur Anschaffung umweltfreundlicher PKW erziehen oder was soll das werden? In Österreich kostet die Vignette 8,90 Euro für 10 Tage, 25,90 Euro für 2 Monate und 86,40 Euro für 1 Jahr. In der Schweiz kostet sie 37 Euro pro Jahr. Egal, welcher PKW da angefahren kommt. Das ist zumindest für jedermann nachvollziehbar. Die Preisgestaltung für die deutsche Maut wird, trotz der Hilfe von Kollege Computer, sicher nicht gerade zu einer Begrenzung des für die Erhebung und Eintreibung benötigten Personals sorgen. Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht?

Nun kommt der wirtschaftliche Aspekt. Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) geht davon aus, dass die Maut jährlich 500 Millionen Euro in die Staatskasse spülen wird. Das wird von Experten bezweifelt. WIE BITTE? 500 Millionen? Dafür will man den ganzen Aufwand betreiben und kein Mensch weiß, ob das Projekt nicht am Ende noch zu viel weniger Einnahmen führt? Vielleicht sogar eine Nullnummer wird? Der Jahreshaushalt unseres Landkreises, eines einzigen Landkreises, liegt bei 340 Millionen EURO. Da will mir doch wohl niemand ernsthaft erzählen, die PKW-Maut werde eingeführt, weil der Staat damit Geld verdienen will. Um Wirtschaftlichkeit geht es dabei nicht. Um was dann?

Auch auf die Gefahr hin, dass mich das dem Vorwurf  aussetzt, Verschwörungstheorien zu bedienen. Die Kontrolle der Mautzahlung soll nicht, wie in Österreich, über Klebevignetten erfolgen, sondern es sollen die Autokennzeichen elektronisch erfasst werden. Wie es heißt, nur stichprobenartig und die Daten sollen dann auch ganz schnell wieder gelöscht werden. Das kann man glauben. Muss man aber nicht. Zumindest bleibt ein ungutes Gefühl, dass auch die PKW-Maut ein weiterer Schritt in Richtung Totalüberwachung jedes einzelnen Bürgers ist. In Zeiten, in denen sich immer mehr Bürger unkritisch Überwachungsinstrumente aller Art freiwillig ins eigene Haus holen, die überwachen, was in den eigenen 4 Wänden gesprochen wird, mag das für manche keine Rolle mehr spielen. Man mag glauben, dass die Sicherheit für alle durch eine flächendeckende Kennzeichen-Erfassung steigt. Ist die PKW-Maut die Einführung einer solchen Überwachung durch die Hintertür, die ansonsten verfassungswidrig wäre? Ist das ihr eigentlicher Sinn? Das mag nun jeder für sich selbst beantworten. Wirtschaftlich macht sie jedenfalls keinen Sinn. Wegen 500 Millionen Euro zu erwartender Einnahmen im Jahr, die umstritten sind, müsste man das Ganze ja nicht vom Zaun brechen. (jw)