Wiesmoor. Die Bundesvorsitzende der Alternative für Deutschland (AfD), Frauke Petry, besuchte am Freitag, den 3.6.2016, Niedersachsens Nordwesten. Eingeladen hatte der AfD-Kreisverband Osfriesland zusammen mit den Kreisverbänden Cloppenburg-Vechta, Ems-Vechte, Friesland-Wilhelmshaven-Wittmund, Oldenburger Land-Wesermarsch-Delmenhorst und Stadt Oldenburg-Ammerland. Im Hotel „Torfkrug“ fanden sich bei hochsommerlichen Temperaturen über 300 Gäste ein, die Frauke Petry einmal hautnah erleben wollten oder diese Gelegenheit nutzten, um sich erstmals über die AfD zu informieren. Sie wurden nicht enttäuscht. AfD-Anhänger und Gäste brachten ihre Begeisterung immer wieder durch tosenden Applaus zum Ausdruck. Die Kreisverbände konnten sich noch am Abend über zahlreiche neue Mitgliedsanträge freuen. Mit der Veranstaltung wurde zugleich der kommende Kommunalwahlkampf eingeläutet. Die AfD wird erstmals zu den Kommunalwahlen in Niedersachsen antreten. Gewählt wird am 11. September.
Bereits seit Beginn der Woche hatten viele Zeitungen auf die Veranstaltung mit Petry hingewiesen und über den Veranstaltungsort gerätselt. Diesen hatte der Vorsitzende der AfD Ostfriesland, Holger Pieters, aus Sicherheitsgründen erst spät bekanntgegeben. Er wurde der Öffentlichkeit erst am Freitagmorgen mitgeteilt. Pieters bedauerte, dass solche Maßnahmen notwendig seien. Die AfD sei eine demokratische Partei. Sie wünsche sich sogar deutlich mehr Demokratie, denn sie sei die einzige Partei, die sich eine direkte Demokratie nach Schweizer Vorbild auch für Deutschland wünsche. Leider werde das in den Medien viel zu wenig kommuniziert. Dennoch gebe es Zeitgenossen, die das mit der Demokratie nicht richtig verstanden hätten. Es sei keine Seltenheit, dass Gastwirte bedroht würden, wenn sie der AfD Räume zur Verfügung stellten. Ebenso würden AfD-Veranstaltungen häufig von Demonstrationen begleitet, was weder für die Mitglieder und Gäste noch für die Gastwirte schön sei. Wie richtig dieses Vorgehen gerade in Wiesmoor war, zeigte sich am Vorgehen des Bürgermeisters Friedrich Völler (SPD). Er gehörte zu den Wenigen, denen der Veranstaltungsort bereits frühzeitig bekannt war. Nur die Organisatoren, die Polizei und der Staatschutz wussten vorher davon. Völler nutze dieses Wissen sogleich, um die Wirtin der Hotels „Torfkrug“ aufzusuchen und sie dazu zu bewegen, die AfD-Veranstaltung abzusagen. Außerdem wurde eine Demonstration gegen die AfD auf dem Marktplatz von Wiesmoor angemeldet, der dem „Torfkrug“ gegenüber liegt. Ferner wurde die Familie der Wirtin bedroht.
Die Veranstaltung der AfD wurde von einem massiven Polizeiaufgebot begleitet, darunter auch Einsatzkräfte der Bereitschaftspolizei Osnabrück. Die Polizei sorgte dafür, dass die Gegendemonstration auf der dem Hotel gegenüberliegenden Straßenseite blieb. Alle Gäste der AfD-Veranstaltung konnten das Hotel unbehelligt erreichen und verlassen. Ein privater Sicherheitsdienst schützte die Veranstaltung zusätzlich.
Frauke Petry erreichte das Hotel gegen 18.00 Uhr. Zu diesem Zeitpunkt fand sich auf dem gegenüberliegenden Marktplatz nur ein kleines Grüppchen junger Menschen mit einer Fahne der Partei „Die Linke“. Im Hotel stellte sich Petry zunächst etwa eine Stunde den Fragen der Journalisten und zweier Fernseh-Teams. In der Zwischenzeit füllte sich der Saal. Jeder Gast bekam am Einlass ein erfrischendes Getränk. Als Frauke Petry dann kurz nach 19.00 Uhr, zusammen mit Holger Pieters, in den Saal einzog, herrschte dort bereits eine Fülle wie im Münchner Hofbräuhaus. Alle Sitzplätze waren besetzt. Viele Gäste mussten stehen.
Holger Pieters begrüßte Petry und alle Gäste in seiner Eröffnungsrede herzlich. Er wies außerdem darauf hin, dass sich das Jahr 2016 als Superwahljahr für die AfD und als Schicksalsjahr für Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Einheitspartei aus SPD, CDU, Grünen, Linken und der FDP erweisen werde. Nach den sehr erfolgreichen Kommunalwahlen in Hessen und dem zweistelligen Einzug der AfD in drei Länderparlamente im März, stünden jetzt nämlich noch die Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus, die Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern und natürlich die Kommunalwahlen in Niedersachsen an. Niedersachsen habe dazu über 800 Kandidaten aufgestellt. Pieters bedankte sich dann besonders bei der Polizei. Er sagte wörtlich: „Die AfD steht dafür ein, dass unsere Polizei nicht nur mehr Personal, sondern auch die beste Ausbildung und vor allem die beste Ausrüstung erhält. Dies alles, gepaart mit der politischen Rückendeckung, verschafft unserer Polizei wieder den Respekt, den sie tagtäglich verdient.“ Pieters riss dann kurz Themen an, die kommunalpolitisch für den Nordwesten von Bedeutung seien. Dazu gehörten die Bildungspolitik, die Verspargelung der Landschaft durch Windräder, der Straßenbau und die Landwirtschaft. Pieters erntete zum Schluss viel Beifall mit der Feststellung, dass die AfD dann doch eine Gemeinsamkeit mit der SPD habe: „Wir kämpfen beide um die 20% Marke. Aber wir schaffen das!!!“
Als Frauke Petry an das Rednerpult trat, applaudierte der Saal erneut. Petry wies gleich zu Anfang darauf hin, dass die AfD nie eine Einthemenpartei war. So gewährte sie in ihrer etwa einstündigen Rede dann auch Einblicke in viele Themen, die für die AfD besonders wichtig sind. Das begann mit finanzpolitischen Themen. So sprach Petry die noch immer nicht gelöste Euro-Krise an. Sie ließ keinen Zweifel daran, dass der Euro von Anfang an zum Scheitern verurteilt war, weil er für die südeuropäischen Staaten viel zu stark und für Staaten wie Deutschland, die Niederlande, Belgien oder skandinavische Länder zu schwach ist und war. Der Euro-Ausstieg dürfe deshalb kein Tabu sein. Ferner kritisierte Petry die verfehlte Zins- und Kreditpolitik der Europäischen Zentralbank. Sie warnte auch nachdrücklich vor einer Abschaffung des Bargeldes. Dadurch würden nicht nur Negativzinsen auf Vermögen möglich, sondern es würden auch jedwede Zahlungen, die die Bürger tätigen, nachvollziehbar. Die Kontrolle des Staates über die Bürger werde immer weiter vorangetrieben und erinnere oft an das, was bereits in dem Buch 1984 von George Orwell beschrieben wurde. Bargeld sei ein Stück bürgerlicher Freiheit, das wir uns nicht nehmen lassen dürften. Im weiteren Verlauf stellte Petry klar, dass die AfD einen europäischen Zentralstaat ablehnt und für ein Europa der souveränen Vaterländer steht. Auch auf das Thema Direkte Demokratie ging sie ein. „In Deutschland gibt es Bürgerbeteiligungen bei Planfeststellungsverfahren für größere infrastrukturelle Maßnahmen. Ich wünsche mir aber Volksabstimmungen zu wichtigen politischen Themen, auch auf Bundesebene.“, so Petry. Viel Raum gab Petry in ihrer Rede der Familienpolitik. Sie stellte fest, dass Familien in Deutschland viel zu wenig gefördert werden. Sie hob auch hervor, dass mehr gegen die Benachteiligung Alleinerziehender getan werden müsse und dass Kindererziehungszeiten bei der Rente stärker berücksichtigt werden müssten. Auch die verfehlte Bildungspolitik fehlte in Petrys Rede nicht. Schließlich kam sie zur Religion und plädierte hier für eine klare Trennung von Religion und Staat. So sei es gut, wenn in der Schule im Rahmen eines Weltanschauungsunterrichtes etwas über verschiedene Religionen gelernt werde. Religionserziehung sollte jedoch von den Religionsgemeinschaften selbst angeboten werden und nicht Teil der schulischen Ausbildung sein. Dies gelte für alle Religionen gleichermaßen. Petry machte das klar als ihre persönliche Meinung kenntlich. Die etwa einstündige Rede endete mit stehenden Ovationen. Im Anschluss stellte sich Frauke Petry den Fragen des Publikums. Sie beantwortete alle Fragen ausführlich. Hierbei zeigte sich, dass Petry über ein breit gefächertes Fachwissen verfügt. Sie blieb keine Antwort schuldig und so dauerte die Fragerunde geschlagene zwei Stunden. Der Saal blieb trotz schweißtreibender Temperaturen bis zum Schluss dicht gefüllt. Nachdem Frauke Petry schon drei Stunden auf der Bühne gestanden hatte, konnten sich die Gäste mit ihr fotografieren lassen. Mehr als 40 Gäste machten von dem Angebot Gebrauch. Zum Abschluss gab es Fotos der 6 anwesenden Kreisvorstände und der gewählten Kandidaten für die Kommunalwahl mit Frauke Petry. Petry überzeugte jedes Mal mit einem freundlichen Lächeln und auch für eine kurze persönliche Unterhaltung nahm sie sich bei vielen Gästen die Zeit.
Die AfD-Kreisverbände konnten sich über eine mehr als gelungene und rundum sympathische Veranstaltung freuen. Sie konnten sich auch über viele Frauen und junge Teilnehmer freuen. Von Altherrenpartei, wie in einem Bericht vom Tage behauptet, kann keine Rede sein. Manche Gäste erklärten, sie hätten sich vorher nie für Politik interessiert, aber das hätte sie so begeistert, dass sie nun gleich Mitglied werden wollten. Hätten die Demonstranten auf dem Marktplatz, die ihre Veranstaltung aber ohnehin bereits nach einer Stunde beendeten, dabei sein können, und sei es per Videoübertragung, hätte sich vielleicht wenigstes der eine oder andere gefragt, warum er hier eigentlich demonstriert. Die Kreisverbände danken der Polizei und dem Staatsschutz dafür, dass sie eine ungestörte Veranstaltung möglich gemacht haben. (jw)